Ausschlussmethode & Fallenspiel
Manchmal ist es sehr schwer, alle Folgen des geplanten Zugs zu berechnen, aber es ist oft auch nicht nötig! Viel einfacher ist es, sich zu überzeugen, dass unser Zug sinnvoll ist, keine sofortige Widerlegung hat und alle anderen Züge dagegen schlecht oder wenigstens deutlich schwächer sind. Schließlich sparen wir damit Zeit und überzeugen uns gleichzeitig, dass unsere Entscheidung richtig ist. Solch eine Methode, Entscheidungen zu treffen, kann man "Ausschlussmethode” nennen.
Unter "Fallenspiel” versteht man den bewussten Versuch, den Gegner zum Fehler zu provozieren. Wir verführen ihn zu einer verlockenden oder wenigstens natürlichen Fortsetzung, aber wir haben dazu eine nicht offensichtliche Widerlegung geplant.
Mark Dvoretsky wurde 1947 in Moskau geboren. Er ist Internationaler Meister, Verdienter Trainer der UdSSR, von Russland und Georgien sowie FIDE Seniortrainer. Zu Recht gilt er als einer der besten Trainer der Welt. Mehrere seiner Schüler wurden starke Großmeister: u.a. S. Dolmatov, A. Jussupow, A. Dreev, V. Zvjagintsev, E. Inarkiev. Mark Dvoretsky ist auch ein außerordentlich erfolgreicher Buchautor. Für seine Bücher "Die Endspieluniversität” und "Tragikomödien im Endspiel” erhielt er 2010 von der FIDE die Boleslavsky Medaille.
Vorwort zur Trainingshandbuch-Reihe:
"Der Gegner hat auch das Recht mitzuspielen”, sagte ironisch Savely Tartakower. Manchmal lassen wir uns von eigenen Gedanken so stark hinreißen, dass wir den Gegner vergessen und müssen dann dafür hart büßen. Wie schrieb Kortschnoj: "Nun, wenn Sie nicht kontrollieren, was der Gegner macht, werden Sie am Ende von jedem Spiel Ihr Pech beklagen.
Noch keinem Schachspieler ist es gelungen, diesen Fehler vollständig auszumerzen, aber einige machen ihn seltener, andere mehr. Manche extrem selbstsichere Optimisten machen ihn in nicht beneidenswerter Regelmäßigkeit. Die Sammlung von Übungen, die Sie jetzt in Händen halten, wird Ihnen hoffentlich helfen, einige bedeutende Fortschritte in diesem Bereich zu machen und sollte schließlich zur Verbesserung der Turnierergebnisse und der allgemeinen Spielstärke führen.
Die Trainingshandbuch-Reihe besteht aus drei Bänden, die, auf ihre Art, Fähigkeiten entwickeln sollen, nicht nur an sich selbst zu denken, sondern auch für den Gegner, oder sogar sich in die Stelle des Gegners versetzen zu können. (RR: später können auch weitere Bände zu verschiedenen Themen erscheinen). Die Beispiele in den ersten beiden Bänden ( Band 1: "Aufmerksamkeit gegenüber gegnerischen Möglichkeiten”, Band 2: "Ausschlussmethode & Fallenspiel”) sind hauptsächlich taktisch. Band 3 - "Prophylaktisches Denken” - besteht meistens aus positionellen Übungen. Apropos, die Grenze zwischen positionellem und taktischem Spiel ist heutzutage sehr schmal, manchmal kann man es sogar bei der Analyse einer einzigen Stellung nicht genau feststellen, geschweige in der ganzen Buchreihe, die viele unterschiedliche Beispiele bringt.
Mein Hauptziel war, dem Leser qualitativ guten Stoff zum Selbsttraining für die oben genannten wichtigen Bereiche des Variantenberechnens zu liefern, die von Buchautoren normalerweise ignoriert werden. Man kann natürlich einige Beispiele in jedem Übungsbuch finden, aber sie sind dort mit vielen anderen Stellungen vermischt, eine gezielte Sammlung für diese Themen habe ich noch nie gesehen. Die einzige mir bekannte Ausnahme sind die Bücher von Artur Jussupow, sie sind nach einem ähnlichen Prinzip aufgebaut wie das aktuelle Handbuch.
Jedes Thema fängt mit einem kurzen "theoretischen” Teil an. Danach kommen Dutzende von Übungsstellungen, die sich natürlich nach dem Prinzip "von einfach bis kompliziert” steigern (die Aufteilung ist selbstverständlich nicht ganz streng). Die hier trainierten Fähigkeiten, die Suche nach dem Zug und das Variantenberechnen, werden Ihnen in allen Partiebereichen nützlich sein, deswegen sind Stellungen aus der Eröffnung, dem Mittelspiel und Endspiel dabei und zwar nicht nur aus praktischen Partien, sondern auch aus Studien. Die Beispiele aus dem Erklärungsteil und aus den Diagrammen bei den "Lösungen” kann man natürlich auch als Aufgabe nutzen, besonders wenn das Diagramm mit O (Weiß am Zug) oder o (Schwarz am Zug) bezeichnet ist.
Die Kommentare zu den Lösungen sind sehr ausführlich, sie erläutern nicht nur die Hauptlinie, sondern auch die erklärungsnötigen Nebenvarianten. Ich dachte, dass es wichtig ist, die Logik bei der Suche nach einer Entscheidung zu demonstrieren und zu zeigen, wie ein Schachspieler am Brett zu den richtigen Schlussfolgerungen kommen kann. Die von mir vorgetragenen Bemerkungen und Varianten sind selbstverständlich nicht für alle nötig. Bestimmt können Sie das Ziel oft auch anders erreichen. Das ist normal, weil jeder von uns seinen eigenen Kopf hat sowie seinen eigenen Algorithmus bei seinen Entscheidungen.
Noch einige technische Kleinigkeiten.
Wie in allen meinen Büchern sind die Zitate kursiv gedruckt.
In Beispielen aus dem Erklärungsabschnitt sind die Züge, die die Spieler gemacht haben, fettgedruckt. Beim Lösungsteil ist es anders, dort sind die Züge der Hauptlösung ausgezeichnet, egal, ob sie in der Partie gespielt wurden oder nicht.
Die Studien beginnen oft nicht mit der ursprünglichen Anfangsstellung, in diesem Fall ist der Name des Komponisten mit * gekennzeichnet. Die gleichen Symbole verwende ich bei praktischen Stellungen, die nicht in der Partie, sondern bei der Analyse entstanden sind.
Die meisten Beispiele sind aus meiner Kartei-Datenbank, die ich seit mehreren Jahrzehnten gesammelt habe. Es ist klar, dass ich viele gute Beispiele bereits in meinen anderen Büchern verwendet habe. Lohnt es sich, sie Ihnen noch mal vorzutragen? Ich habe einen Kompromiss gefunden.
Am Ende jedes Buches meiner 4-bändigen Reihe "Lektionen von Russlands Spitzentrainer” gibt es eine thematische Übersicht, die alle Aufgaben nach den Fähigkeiten sortiert, die sie trainieren sollen. Unsere vier Themen gehören auch dazu. Die Übungen aus diesen Büchern habe ich hier nicht verwendet (vielleicht nur eine oder zwei), weil der Leser sie leicht finden kann, wenn er die Arbeit in gleicher Richtung fortsetzen will. Auch die Übungen aus dem Test "8 x 12” aus "Der Selbstständige Weg zum Schachprofi” sind nicht dabei. In der Themenliste der damaligen acht Tests aus zwölf Stellungen wurden alle unsere Themen vorgestellt.
In meinen anderen Büchern gibt es auch passende Beispiele, aber Sie können sie, wegen der fehlenden Übersichtsliste, nicht so einfach finden. Deswegen habe ich mich entschlossen, manche Übungen auch hier zu verwenden. Eigentlich sind es nicht viele, die meisten Beispiele finden Sie in meinen früheren Büchern nicht.
Viele der untersuchten Beispiele aus Partien könnten zum Begriff "Tragikomödien” (der zuerst in meiner "Endspieluniversität” ausgiebig benutzt wurde) gut passen: einer oder sogar beide Spieler machen gröbste Fehler. Solch eine Sammlung ist nicht absichtlich, aber sie ist auch kein Zufall. Genau solche Episoden ziehen die Aufmerksamkeit der Kommentatoren bei den Partienanalysen für Zeitschriften, Bücher oder Internetseiten auf sich und haben deswegen auch in meiner Datenbank ihren Platz gefunden. Bei der Demonstration von einfachen Fehlern die GMs machen, gibt es auch eine positive Seite. Dadurch wird klar, dass man auch gegen sehr starke Schachspieler erfolgreich Widerstand leisten kann, wenn man Fortschritte im eigenen Spiel erreicht hat. Diese Aufgabe ist auf keinen Fall zu schwer und mit systematischem Training erreichbar, deswegen sollte man es mindestens versuchen.
ISBN: 978-3-933365-48-4
Autor: | Dworetsky Mark |
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Einband: | Hardcover (gebunden) |
Erscheinungsjahr: | 1. Auflage 2013 |
Seitenzahl: | 192 |
Sprache: | Deutsch |
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